Projekt
Die Generalversammlung der Vereinten Nationen hat die Allgemeine Erklärung der Menschenrechte vom 10. Dezember 1948 als gemeinsames Ideal aller Völker und Nationen bezeichnet, damit jeder Einzelne und alle Organe der Gesellschaft sich bemühen, durch Unterricht und Erziehung die Achtung dieser Rechte und Freiheiten zu fördern.
Das Kulturprojekt „FACING NATIONS – culture of humanity“ bemüht sich um die
Umsetzung dieses Ideals in dankenswerter Weise. Mit hoher Sensibilität werden
Menschen aus den UN-Mitgliedsländern in den Mittelpunkt der Ausstellung gestellt.
„Den Nationen ein Gesicht zu geben“ ist in diesem Zusammenhang ein interessanter künstlerischer Ansatz, sich dem Thema „Menschenrechte“ anzunähern und damit ein unübersehbares Zeichen für die Wertschätzung und Achtung dieser Erklärung zu setzen. Die Vielfalt der Nationen bietet für jeden von uns die Möglichkeit und Chance, sich mit der Kultur und Lebensweise der Anderen zu beschäftigen, sich bereichern zu lassen, zu lernen und Neues zu entdecken.
Dabei ist eine vorurteilsfreie Begegnung und Auseinandersetzung mit dem Fremden der Schlüssel, der die Türen zu „Neuen Welten“ öffnet und zu gegenseitigem Verständnis führt. Es ist – mit anderen Worten – ein tiefer Blick in das Gesicht des Anderen, des Fremden und Unbekannten, der diese Achtsamkeit zum Ausdruck bringt. Würde und Respekt zu zeigen und „das Gesicht des Anderen zu wahren“ bilden den Grundstein eines friedlichen Miteinanders – im Kleinen wie im Großen.
Damit wohnt dem Kulturprojekt FACING NATIONS eine Botschaft inne, die den Kern der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte vom 10. Dezember 1948 punktgenau trifft: Das Maß aller Menschlichkeit sind die Achtsamkeit, die Würde und der Respekt, die dem Einzelnen bei voller Achtung seiner Individualität und Einzigartigkeit entgegen gebracht werden.
Die vielen Gesichter der einzelnen Nationen, die das Projekt FACING NATIONS ausmachen, sind ein „Menschheitspanorama“, in dem sich Respekt für jeden Einzelnen und für seine Lebensgeschichte mit der bunten Vielfalt der Völker und Kulturen verbindet. Mit berührender Einfachheit, Unmittelbarkeit und Klarheit sowie einer kraftvollen Umsetzung in beeindruckender Größe ist es dem bildenden Künstler Oskar Stocker und dem Ideengeber und Initiator Gerhard Draxler gelungen, ein Werk zu schaffen, das für die künstlerische Darstellung und Bewusstwerdung der Menschenrechte neue Maßstäbe setzt.
Zu Recht wird es große nationale und internationale Aufmerksamkeit finden.
Dr. Heinz FISCHER
Bundespräsident der Republik Österreich
> Link: Rede von Dr. Heinz Fischer anlässlich der Eröffnung in Graz
Dr. Heinz FISCHER
Bundespräsident v. Österreich
Foto: PK
30 Jahre Vienna International Centre sind ein schöner Anlass, um Revue passieren zu lassen. Österreich ist stolz, Gastland für zahlreiche wichtige Organisationen der Vereinten Nationen zu sein. An vorderster Stelle sind die Internationale Atomenergie-Organisation (IAEO), das Büro der Vereinten Nationen in Wien (UNOV), die Organisation der Vereinten Nationen für industrielle Entwicklung (UNIDO), das Büro der Vereinten Nationen für Drogen- und Verbrechensbekämpfung (UNODC), die Vorbereitende Kommission für die Organisation des Vertrages über das umfassende Verbot von Nuklearversuchen (CTBTO) und das UN Büro für Weltraumfragen hier in Österreich zu Gast.
Die österreichische Amtssitzpolitik ist eine Säule der österreichischen Außenpolitik. Im Herzen Europas gelegen und im Laufe seiner Geschichte immer wieder Treffpunkt verschiedener Kulturen, Religionen und politischer Systeme, entwickelte Österreich eine eigene Kultur des Dialogs, gemeinsam mit einer aktiven Rolle in internationalen Organisationen und in der multilateralen Diplomatie. Als Gastland schätzt Österreich die wichtige Rolle der hier ansässigen Organisationen, die maßgeblich dazu beitragen, Wien als Drehscheibe für Frieden und Dialog weiter zu positionieren.
Dr. Michael SPINDELEGGER
Bundesminister für europäische und internationale Angelegenheiten
Foto: Außenministerium/Hopi-Media
Die UNO-City an der Donau feiert heuer ihr 30-jähriges Bestehen. Am 23. August 1979 wurde sie feierlich eröffnet und den Internationalen Organisationen übergeben. Der markante Baukörper prägt seitdem die Skyline des neuen und modernen Wien.
Die in Wien ansässigen Internationalen Organisationen haben wesentlich zur Reputation Österreichs beigetragen, fast noch wichtiger ist aber der kulturelle Aspekt: Jene Menschen, die aus allen Ländern der Welt kommen um in der UNO-City zu arbeiten, sind eine tägliche Bereicherung für unsere Stadt und für unsere Gesellschaft.
Die UNO-City ist Stätte des Friedens und der internationalen Begegnung. Als Bürgermeister bin ich stolz auf die große Tradition Wiens als Stadt des Dialogs. Als einer der drei großen UNO-Amtssitze und einer der reichsten Regionen der Welt sehen wir es als unsere Verpflichtung und als Ehre, zu einer friedlichen Zukunft aller Völker, Kulturen und Religionen beizutragen.
Dr. Michael HÄUPL
Bürgermeister von Wien
Foto: Stadt Wien/Fotograf Kurt Keinrath
Das ideenreiche Projekt “FACING NATIONS – culture of humanity” spiegelt den Ursprung der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte vor über 60 Jahren wider. Das allererste von der Erklärung betonte Recht ist das Recht auf Leben – ein Recht, das Millionen von Menschen während der Grausamkeiten des Zweiten Weltkrieges verwehrt wurde.
Im selben Zeitabschnitt entstand eine neue Bedrohung für das Leben auf Erden: die sich anbahnende Bedrohung der atomaren Vernichtung. Das Auslöschen von Hiroshima und Nagasaki wird für immer lebhaft in unseren Gedanken bleiben. Heute haben acht Staaten insgesamt über 2000 Atomtests durchgeführt und dabei über 20.000 Atomwaffen angesammelt, von denen jede die Hiroshima-Bombe, in Hinsicht der zerstörerischen Kraft, in den Schatten stellt.
Deswegen ist es eine tiefgreifende moralische und menschliche Verpflichtung, auf die Beseitigung dieser Waffen hinzuarbeiten. Es stimmt mich hoffnungsvoll, dass in den letzten Jahren eine wachsende Anzahl von Staats- und Regierungschefs die Vision einer atomwaffenfreien Welt mit offenen Armen empfangen hat.
Tibor TÓTH
Exekutivsekretär, Vorbereitungskommission für die Organisation des Vertrages über das umfassende Verbot von Nuklearversuchen (CTBTO)
Foto: CTBTO
Die Internationale Atomenergie-Organisation wurde im Jahr 1957 gegründet, vier Jahre nachdem Präsident Eisenhower zur Schaffung einer Organisation aufgerufen hatte, die Atomwissenschaft und Atomtechnik in den Dienst der Menschheit stellt und die garantiert, dass Atomenergie ausschließlich für friedliche Zwecke verwendet wird.
Nach fast 20 Jahren im Grand Hotel hat sich die Behörde 1979 im Internationalen Zentrum Wien niedergelassen. Die Anzahl unserer Mitglieder ist kontinuierlich angestiegen und umfasst nun 150 Staaten.
Unser Doppelmandat, das Sicherheit und Entwicklung beinhaltet, ist einzigartig. In der Öffentlichkeit wird unsere Behörde meistens mit unserer Arbeit gegen die Verbreitung von Atomwaffen assoziiert, aber wir tun mehr als nur das.
Indem wir Entwicklungsländern Nukleartechniken zugänglich machen, verhelfen wir ihnen zu einem besseren Zugang zu Nahrung, Wasser und medizinischer Versorgung für die Armen. Die nuklearen Sicherheitsstandards der IAEO sind zu einem internationalen Maßstab geworden und werden nun auch in die Gesetze der Europäischen Union integriert. Wir haben ein bedeutendes nukleares Sicherheitsprogramm, das die Wahrscheinlichkeit, dass Atom- oder radioaktives Material in die Hände von Extremistengruppen fällt, reduziert hat.
Mohamed ELBARADEI
Generaldirektor, Internationale Atomenergie-Organisation (IAEO)
Foto: IAEA/IAEO
Vor dreißig Jahren, als die Bewohner Wiens zum ersten Mal die unerreichbar hohen und futuristischen Gebäude sowie die riesigen aneinander gereihten Bögen entlang des Donauufers betrachteten, war die Welt ein völlig anderer Ort. In jenen Tagen wagten sich nicht viele auf diese Seite des Flusses hinaus. Tatsächlich stand das Internationale Zentrum Wien, einem Wachposten gleich, zwischen konkurrierenden Staatsgruppen und Systemen: Aus dem höchsten seiner 28 Stockwerke konnte man mit bloßem Auge sogar die Teilungslinie zwischen dem Westen und dem Osten erkennen.
Diese neuartige Konstruktion ist jedoch nicht entstanden, um die Teilung zu festigen. Es nahm vielmehr den Ansatz österreichischer Tradition zur Diskussion, Einigung und dem gegenseitigen Verständnis an, die sogar auf den Wiener Kongress von 1814 zurückgeht und diesem neues Leben einhauchte. Man weigerte sich zu akzeptieren, dass die geographische Lage Wiens peripher sein sollte, da es vielmehr als neutraler Raum im Herzen der Welt definiert wurde. Ein neuer Begriff hat sich in den internationalen Beziehungen rasant verbreitet: „Der Wiener Geist“, also die Bereitschaft, einen Konsens anzustreben, der sich oftmals den Bemühungen jener entzog, die in anderen Sparten der multilateralen Diplomatie aktiv waren.
Kandeh K. YUMKELLA
Generaldirektor, Organisation der Vereinten Nationen für industrielle Entwicklung (UNIDO)
Foto: UNIDO
Seit 1979, und somit seit 30 Jahren, haben die Vereinten Nationen in der österreichischen Hauptstadt ihren dritten Hauptsitz (nach New York und Genf), untergebracht im Internationalen Zentrum Wien (VIC) – einer Sehenswürdigkeit der Stadt.
In den letzten drei Jahrzehnten ist das VIC zu einem internationalen Knotenpunkt für Belange der menschlichen Sicherheit geworden. Diese Bandbreite und Tiefe an Expertise spiegelt wider, wie hervorragend das Büro der Vereinten Nationen in Wien positioniert und ausgerüstet ist, um einige der dringlichsten Herausforderungen dieser Welt zu behandeln.
Auch das Internationale Zentrum Wien verändert sich mit der Zeit. In diesem Jubiläumsjahr feiern wir die Eröffnung eines hochmodernen Konferenzgebäudes, dem sogenannten M-Gebäude. Außerdem intensivieren wir unsere Anstrengungen, das VIC durch die Reduzierung des Ausstoßes von Treibhausgasen, Wiederverwertung und Abfallverringerung umweltfreundlicher zu machen.
Antonio Maria COSTA
Generaldirektor, Büro der Vereinten Nationen in Wien (UNOV)
Foto: UNOV/UNODC
Als UNIS Wien im Dezember 2008 FACING NATIONS in Graz unterstützte, wussten wir, dass dies nur der Anfang einer beeindruckenden und weitreichenden Reise sein würde. Der Anlass damals war der 60. Jahrestag der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte, deren Botschaft von Würde und Menschenrechte für uns alle auch der Grundgedanke von FACING NATIONS ist.
Nach dem großen Erfolg in Graz waren wir sicher, dass die Ausstellung ein
sehr guter Beitrag zu den Feierlichkeiten zum 30. Jubiläum des Internationalen
Zentrums Wien (VIC) sein würde.
Dir. Maher NASSER
UN-Informationsdirektion
Foto: UNIS
60 Jahre nach Unterzeichnung der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte hat das ORF-Landesstudio Steiermark im Jahr 2008 mit dem einzigartigen Kunst- und Kulturprojekt „FACING NATIONS – culture of humanity“ des Malers Oskar Stocker an die Entstehung der UN-Menschenrechtscharta erinnert. Anlässlich des 30-jährigen Jubiläums des Vienna International Centre in Wien ist dieses beeindruckende Werk jetzt auch in der Bundeshauptstadt zu sehen.
Das Projekt „FACING NATIONS – culture of humanity“ mit Porträts von 124
Menschen aus 124 Nationen steht auf eindrucksvolle Weise für Weltoffenheit,
Internationalität, Toleranz und Humanität.
Dr. Alexander WRABETZ
ORF-Generaldirektor
Foto: ORF/Ramsdorfer
Während meiner Jahre bei den Vereinten Nationen hatte ich das Glück, auf allen Kontinenten mit vielen Nationen zusammenzuarbeiten. Diese Erfahrung hat mir gezeigt, welch entscheidende Rolle wir als Länder, Institutionen und Gemeinschaften, aber auch als Individuen füreinander spielen. Ich selbst habe Wurzeln im Islam, in Asien und im Nahen Osten, mein Lebensmittelpunkt ist Wien und die stolze Tradition Österreichs und Zentraleuropas ist durch meine Heirat ein Teil meiner Selbst geworden. Somit weiß ich aus eigener Erfahrung, was Integration in eine andere Welt bedeutet. Es ist nicht immer einfach, aber es ist möglich; mit gutem Willen und Bemühungen vonseiten derer, die ankommen und auch jener, die sie empfangen.
Nasra HASSAN
ehem. UN-Informationsdirektion
Das 60-Jahr-Jubiläum der Unterzeichnung der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte gibt einmal mehr Anlass dazu, sich über die Lage der Umsetzung der Menschenrechte Ge-danken zu machen: Das Land Steiermark bekennt sich ohne Einschränkung zur Einhaltung der Menschenrechte und hat in diesem Sinne auch umfangreiche Handlungen im eigenen Wirkungsbereich gesetzt. Dazu zählen unter anderem das Einsetzen von verschiedensten Beauftragten zur Überwachung der Menschenrechte sowie die Verleihung des Menschenrechtspreises des Landes Steiermark an Personen, die sich um die Einhaltung bzw. Durchsetzung der Menschenrechte Verdienste erworben haben. Auch in anderen Tätigkeitsfeldern, wie etwa die Unterstützung von Projekten der Entwicklungszusammenarbeit, werden ebenfalls Akzente zur Umsetzung und Wahrung der Menschenrechte gesetzt.
Mag. Franz VOVES
Landeshauptmann Stmk.
FACING NATIONS ist ein spannendes Konzept zur Visualisierung des Zusammenhangs von künstlerischem Schaffen und Menschenrechten. Die Porträts von Menschen mit Migrationshintergrund zeugen von deren Gesicht, von deren unantastbarer Persönlichkeit. Zu leicht sprechen wir jenen, die – aus welchen Umständen auch immer – ihre Heimat verloren haben, letztlich auch noch die Identität ab.
Dr. Kurt FLECKER
Landeshauptmann-Stv.
Seit acht Jahren ist die Stadt Graz als bislang einzige Menschenrechtsstadt Europas den Grundrechten besonders verpflichtet. Nicht zuletzt deshalb ist es für uns eine besondere Ehre, die Präsentation von FACING NATIONS in der steirischen Landeshauptstadt erleben zu dürfen.
Dieses vom ORF Steiermark anlässlich des 60-Jahr-Jubiläums der Unterzeichnung der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte initiierte Projekt vermittelt auf eine sensible und anspruchsvolle Weise den Geist der Deklaration und seine Bedeutung für unsere Gesellschaft. Menschen aus über 150 Nationen leben in Graz und prägen und bereichern durch ihre unterschiedlichen Lebenswege, Nationalitäten, Schicksale und ihre kulturellen und religiösen Identitäten die Stadt.
Und wie ein Sprichwort sagt – „Ein Gesicht erzählt dir die Geschichte eines ganzen Lebens!“ – vereint FACING NATIONS in den von Oskar Stocker angefertigten Ölporträts die Gesichter und die Vielfalt der Welt in einem imposanten Gesamtkunstwerk inmitten unserer Stadt.
Für Graz ist dieses Werk eine große Auszeichnung und ein künstlerisches Monument für Freiheit, Gleichheit, Toleranz und Respekt! Unser besonderer Dank gilt dem Künstler Oskar Stocker und all jenen, die zum Gelingen dieses Projektes beigetragen haben!
Mag. Siegfried NAGL, Bürgermeister Graz
Lisa RÜCKER, Bürgermeister-Stellvertreterin Graz
Mag. Siegfried NAGL
Bürgermeister von Graz
Lisa RÜCKER
Vize-Bürgermeisterin Graz
Die Menschenwürde ist der zentrale Begriff der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte (AEMR), die am 10. Dezember 2008 ihr 60-jähriges Jubiläum feiert. So beginnt die Präambel der AEMR mit der „Anerkennung der allen Mitgliedern der menschlichen Familie innewohnenden Würde und ihrer gleichen und unveräußerlichen Rechte, die die Grundlage der Freiheit, der Gerechtigkeit und des Friedens in der Welt bildet …“ und Art. 1 bestimmt: „Alle Menschen sind frei und gleich an Würde und Rechten geboren. Sie sind mit Vernunft und Gewissen begabt und sollen einander im Geist der Brüderlichkeit begegnen“.
Univ.-Prof. Mag. Dr.
Dr. h.c. Wolfgang BENEDEK
Leiter des Europäischen Trainings- und Forschungszentrums für Menschenrechte und Demokratie (etc) in Graz
Migrant/innen sind ein wesentlicher Faktor der Berührung zwischen Kulturen, Zuwanderinnen und Zuwanderer bereichern Graz. Dies sind triviale Aussagen und zugleich wahr. Trotzdem wissen wohl die Wenigsten, was damit wirklich verbunden ist. Zuwandern bedeutet, dass man seine Heimat verlassen musste. Selbst wenn dies freiwillig erfolgte und man sich in Graz gut eingelebt hat, kann man sich oft noch lange zerrissen fühlen. Für die Zuwanderinnen und Zuwanderer standen oft extrem negative unmittelbar neben sehr positiven Erfahrungen.
Univ.Prof.Dr.Max HALLER
Institut für Soziologie, KF-Uni, Graz
Zur Nation euch zu bilden, ihr hofft es, Deutsche, vergebens:
Bildet, ihr könnt es, dafür freier zu Menschen euch aus.
Schillers berühmter Definition des deutschen Nationalcharakters mag mancher
von Herzen zustimmen, wähnt er sich doch nur zu gern im Lager der Humanität
buchstäblich auf der sicheren Seite, während der Begriff der Nationalität seit
Grillparzer mit der Bestialität eine unheilige Allianz eingegangen ist. Mag er sich
durch die Geschichte des 20. Jahrhunderts bestätigt fühlen, so muss festgehalten
werden, dass eine solche Ethik nicht weit trägt:
Die Nationen haben von ihrem historischen Gewicht und dessen Nachwirken bis in die Gegenwart hinein weniger eingebüßt als vielen recht sein mag. Nationen mögen willkürlich, künstlich oder zufallsbedingt genannt werden, doch dies kann wahrscheinlich für den größten Teil des gesamten geschichtlichen Erbes geltend gemacht werden. Geschichtliche Wirkkräfte haben ihre eigenen Gesetzmäßigkeiten. Da hilft die von Wunschdenken erfüllte Beteuerung wenig, Nationen seien spätestens seit 1945 moralisch diskreditiert und ihre Existenz demzufolge schlichtweg zu negieren.
Allein aus der Begegnung mit Angehörigen anderer Länder und Kontinente weiß jeder aufmerksame Zeitgenosse, wie schwer selbst unbedachte Verstöße gegen nationale Eigenarten wiegen können, seien das nun traditionelle Gebräuche des Zusammenlebens, religiöse Normen oder schwer durchschaubare Mentalitäten. „Sein Gesicht verlieren“ – jeder kennt diese Redewendung: Es ist der völlige Respektverlust, den jeder fürchtet, gleich, welchem Kulturkreis er angehört. Bekannt ist das Ausmaß der Furcht vor Gesichtsverlust, wie sie vor allem im Fernen Osten verbreitet ist, mit oft schwer wiegenden Konsequenzen bis in die internationale Politik hinein.
„Gesicht“, das ist vielerorts nicht nur eine abstrakte, an Symbolen haftende Frage nationalen Prestiges. Wo Interessensausgleich und Friedfertigkeit wenig entwickelt sind und ein allzu maskulines Gewaltverständnis vorherrscht, wird ein persönliches Selbstwertgefühl gepflegt, dessen Fragilität sich oft genug hinter einem gewalttätigen Verständnis scheinbarer „Ehre“ verbirgt. Wenn es denn einen Erziehungsauftrag gibt, den die Aufklärung uns hinterlassen hat, dann den, den Wert eines Menschenlebens entschieden höher zu veranschlagen als den eines ideologischen oder religiösen Konstrukts.
Der Blick auf „das Fremde“, das Interesse an Nationen und all die unendlich vielen Dokumente der Neugier, sie alle haben zunächst einmal etwas Indiskretes an sich. Die klassische Ethnologie hat – das sagt schon das Beiwort – etwas Klassifizierendes, als wolle man einen nach Qualitätskriterien geordneten Völkeratlas zusammenstellen. Im 19. Jahrhundert war dies oft genug mit verhängnisvollen Werturteilen verbunden. Gleichwohl hat dieser mit viel Fragwürdigem behaftete Zugang doch eines geleistet: Er hat dazu beigetragen, das Interesse am Gegenüber, die Faszination des Fremden zu befördern. Begriffe wie fremd und vertraut mögen heute zusehends unklarer geworden sein. Es besteht weiterhin die Forderung, das andere und den anderen– und das bezieht sich beileibe nicht auf „fremde“ Exoten – wirklich verstehen zu wollen.
Die Perspektive Oskar Stockers verweist indessen in eine andere Richtung. Das Interesse des Malers ist eben nicht der statistische Blick des Ethnographen. Er ist notgedrungen „naiver“, denn der Maler – der keinem Publikum Rechenschaft schuldig ist – verlangt nicht nach Faktendokumentation, sondern primär nach Malerei. Diese äußert sich in der individuellen Handschrift des Künstlers, besser gesagt, einer energischen Pinselschrift, wie es das englische Wort brushstroke vorzüglich ausdrückt, und wie sie die großen Farbvirtuosen unter den Porträtisten vom 17. bis zum 20. Jahrhundert gepflegt haben. All dies verweist auf einen gestalterischen Willen, der für grundlegende Neuerungen in der Kunstgeschichte überhaupt steht, nicht allein in der Moderne: die Überwindung des Konventionellen und Formelhaften. Diese Frage hat jede Epoche für sich beantwortet. So sah die klassizistische Generation das Objektive und Wahre in einer von ins Ideale entrückten, fleckenlosen Antike. Die romantische Generation indessen erblickte den einzigen Ausweg aus dem, was sie für ihr Dilemma hielt, dem Dogmengerüst der akademischen Ästhetik und ihrem schon schal gewordenen Antikenbild, im Entweichen in eine exotische, bald ebenso verklärte Welt, dem Orient. Jede anfangs verklärte Welt hat sich nur allzu bald in eine verkehrte Welt verwandelt.
Heute, zu Beginn des 21. Jahrhunderts, haben sich die Begriffe von Nachbarschaft einerseits und Exotik andererseits nahezu umgedreht. Das vormals „Exotische“ ist Teil der Nachbarschaft geworden, und manches von dem, was einmal nachbarschaftlich bzw. vertraut war, ist in eine „historische“ Ferne gerückt, bedarf seinerseits der Wiederannäherung, so auch die eigene Geschichte, sei sie faszinierend oder verstörend, oft genug dem Anathema des „Reaktionären“ verfallen.
So erkundet der Maler nicht wie ein Forschungsreisender fremde Kontinente, um dem populärem Bedürfnis nach Exotik, geschweige denn nach Besitzergreifung nachzugeben. Er erforscht das, was buchstäblich nahe liegt, und das sind Gesichter von Menschen, nicht von Stereotypen klassifizierter Völker und Nationen, die es immer noch gibt, ja deren Existenz die säkulare Gründung der Vereinten Nationen eindrucksvoll bestätigte, bewegt von dem Wunsch, nach der zweiten großen Menschheitskatastrophe des 20. Jahrhunderts eine heilsamere Rolle zu spielen als es nach der ersten der Völkerbund vermochte.
Doch sind diese Erwägungen nicht Aufgabe des Malers. Dieser sieht und übersetzt in das Idiom der Kunst. Gesichter bleiben Gesichter und haben ihre eigene Sprache, verbunden mit der Hoffnung, dass ihr friesartiges Nebeneinander zugleich Ausdruck eines harmonischen Zusammenlebens sei. Ungeachtet aller Widrigkeiten, wie wir sie täglich erfahren, halten wir alle gern an dem Wunsch fest, die Welt möge auch eine Art „Fries“ von Menschen, von Persönlichkeiten sein, deren Nachbarschaft sich friedlich gestaltet, ein „Menschheitsfries“ der anderen Art.
Nicht umsonst erhalten sie auf den Gemälden Oskar Stockers eine so große Dimension. Sie verdienten eher, Gesichts-Landschaften, Panoramen genannt zu werden, die eine Welt für sich sind, ein Kontinent, eine Entität oder dergleichen mehr. All dies reichtüber das Kriterium nationaler Zugehörigkeit weit hinaus. Zur Sprache kommt so ein elementares, humanes Interesse. Dies ist vielleicht sogar die primäre Aufgabe des Malers. Und wenn es eine abendländische Errungenschaft in der Kunst gibt, die der besonderen Hervorhebung wert ist, dann ist es die Arbeit am Menschen und seinem Bild.
Ulrich BECKER
Leiter, Alte Galerie am Landesmuseum Joanneum, Graz
Dr. Ulrich BECKER
Leiter der Alten Galerie im Landesmuseum Joanneum, Graz
Foto: Balsereit
beredtes Zeugnis friedlichen Zusammenlebens
Seit über sechzig Jahren widmen sich die Vereinten Nationen, ausgehend von
der Anerkennung der souveränen Gleichheit aller friedliebenden Staaten, der
Aufrechthaltung des Friedens und der internationalen Sicherheit. Es ist der UNO
in vielen Fällen gelungen, Friedensbedrohungen zu beseitigen, Friedensbrüche
zu verhindern und internationale Streitigkeiten mit friedlichen Mitteln nach den
Grundsätzen der Gerechtigkeit und des Völkerrechts beizulegen, so wie sie es in ihrer
Charta formuliert hat.
Mag. Guido SCHLIMBACH
Kurator, Kunst-Station St.Peter, Köln
Foto: privat
Ein Dialog. Oskar Stocker spricht mit Peter Wolf
P: Ein Porträt der Menschheit zu malen – ist das nicht eine Art von Vermessenheit, man muss sich fragen: Gibt es ein Gesicht der Menschheit – das Gesicht ist ja so individuell und unterschiedlich wie die DNA-Struktur oder der Fingerabdruck.
O: Diese Frage beschäftigt mich eigentlich sehr: Wo ist eine Individualität und
Einzigartigkeit noch klar gegeben? Wo ist die Grenze zur Uniformität oder Abstraktion
erreicht oder schon überschritten? Weil du den Fingerabdruck erwähnt hast: Auf den
ersten Blick ist er nicht unterscheidbar, und wenn das stimmt was die Forschung
sagt, so ist die DNA für jeden Menschen fast gleich, mit nur geringen Unterschieden
und trotzdem ist jeder Mensch einzigartig, einmalig und unverwechselbar. Also wäre
das Bild der Menschheit die Summe der Bilder aller Menschen, die je gelebt haben
oder zumindest jetzt leben. Als Maler nutze ich die Methoden der Behörden: Egal ob
Führerschein, Pass oder sonstiger Ausweis – die Identifikation erfolgt nach wie vor
primär durch das Gesicht.